- 3. März 2025
- Veröffentlicht durch: Thomas Mickeleit
- Kategorie: BEST PRACTICES


Am 25. Februar war Richard Tigges Sprecher im Webinar der AG CommTech zum Thema „Warum Kommunikationsstrategien scheitern – und was man dagegen tun kann.“ In dem Webinar wurden die häufigsten Stolpersteine bei der Umsetzung von Kommunikationsstrategien sowie praxisnahe Lösungsansätze zur erfolgreichen Implementierung diskutiert. Die Aufzeichnung des Webinars könnt Ihr Euch hier anschauen.
AG CommTech: Richard, Du hast bei deinem Vortrag im AG CommTech Webinar „Warum Kommunikationsstrategien scheitern“ Ende Februar das Publikum ganz schön zum Nachdenken gebracht. Was ist für Dich denn der Hauptgrund, warum Kommunikationsstrategien oft nicht wie geplant funktionieren?
Richard Tigges: Weißt Du, Scheitern ist ein starkes Wort. Ich bezweifle, dass irgendeine Kommunikationsabteilung in einer Umfrage ihre eigene Strategie als gescheitert bezeichnen würde. Das Problem beginnt oft mit einem unterschiedlichen Verständnis von Erfolg innerhalb der Organisation. Häufig vermischen sich die Erwartungen an Vertrieb, Marketing und Kommunikation. Wenn die Kommunikationsabteilung plötzlich für Verkaufszahlen verantwortlich gemacht wird, führt das fast zwangsläufig zu Missverständnissen und unerfüllbaren Erwartungen. Über allem sollte eine klare Definition von Erfolg herrschen, die Grundlage für eine strategische Zielsetzung.
AG CommTech: Doch Kommunikationsziele sind oft nicht präzise genug formuliert.
Richard Tigges: Das wird schnell zum Stolperstein. Erfolgreiche Kommunikationsarbeit benötigt klar messbare Ziele – das SMART-Prinzip ist nicht nur eine Floskel. Man sollte schon ganz konkret sagen, dass man zum Beispiel die Bekanntheit einer Marke oder eines Produkts innerhalb von zwölf Monaten um mehr als fünf Prozent steigern möchte. Je spezifischer das Ziel, desto besser kann man die Maßnahmen darauf ausrichten und deren Erfolg messen.
AG CommTech: Du hast in deinem Vortrag anschaulich von Melonenampeln gesprochen.
Richard Tigges: Ein Spitzenmanager, den ich mal traf, nannte ineffektive Zielüberprüfungen „Melonenampeln“. Auf den ersten Blick sieht alles wunderbar grün aus. Doch wenn man unter der Oberfläche schaut, kommt das rote Innere zu Tage. Sobald ein Zielsystem zu Unehrlichkeit führt, fährt man unweigerlich gegen die Wand. Wir brauchen in der Kommunikation einen Spurhalteassistenten, der dir sagt, wenn du von der Fahrbahn abweichst – unsere Kennzahlen müssen uns klipp und klar aufzeigen, wo wir stehen. Nur so vermeiden wir einen Blindflug.
AG CommTech: Das ergibt Sinn. Was passiert mit einer Kommunikationsstrategie, die sie zu stark an der Unternehmensstrategie hängt?
Richard Tigges: Oft glaubt man, die Unternehmensstrategie könne eine Kommunikationsstrategie ersetzen. Doch das ist ein Irrtum. Nicht alles, was im Unternehmensfahrplan steht, eignet sich für die Kommunikation. Wir müssen doch auch in der Kommunikation gezielt bestimmte Facetten wie Arbeitgeberattraktivität oder soziale Verantwortung herausstellen, um Vertrauen zu schaffen. Eine eigenständige, auf Unternehmensstrategie und Reputation abgestimmte Kommunikationsstrategie ist unabdingbar. Sonst gerät Kommunikation zur bloßen Nebensache, die in schwierigen Zeiten leicht ins Kreuzfeuer gerät.
AG CommTech: Was, wenn der Rückhalt der Führung fehlt?
Richard Tigges: Die Kommunikationsabteilung muss das Vertrauen der Führungskräfte gewinnen. Eine ruhige Hand, die zu jederzeit strategische Fokussierung ermöglicht, ist entscheidend. Man sollte sich nicht ständig mit hektischen Ad-hoc-Maßnahmen oder Gefälligkeitskommunikation ablenken lassen. Klarheit und Beständigkeit sind gefragt. Eine Kommunikationsstrategie sollte in guten wie in schlechten Zeiten wie ein Vertrag funktionieren.
AG CommTech: Du kritisierst, dass zu viele Kommunikatoren sich noch als Sender verstehen.
Richard Tigges: Absolut. Es ist ein Missverständnis, dass Social Media Kanäle die One-Way-Kommunikation ablösen. Nur wer nach dem Posten eines Beitrags auch echten Dialog mit den Usern auf den Plattformen führt, nutzt die Möglichkeit zur Einwandbehandlung. Das Feedback unserer Stakeholder kann unglaublich wertvoll sein, um unsere Strategie in der Feinsteuerung anzupassen und wirklich effektiv zu kommunizieren. Zuhören ist die halbe Miete.
AG CommTech: Richard, hast Du abschließend einen Tipp, was man als Erstes tun sollte, um eine Kommunikationsstrategie aufzusetzen?
Richard Tigges: Früh anfangen und zum Beispiel 2025 schon mit der Planung für 2027 beginnen. Wer dabei Unschärfen riskiert und damit leben kann, dass vieles noch nicht feststeht und sich Termine oder Details naturgemäß ändern werden, kommt überraschend schnell zu einem Big Picture. Dieses Bild ist jedoch nie fertig, denn Kommunikation muss ein dynamischer Prozess bleiben. Ein Team, das diese Flexibilität nicht besitzt, das Geplante nicht an Veränderungen anpassen will, sich nicht von Outside-in-Impulsen stören lassen will, wäre wahrscheinlich ganz ohne Planung besser unterwegs. Ich werbe dafür, gerade in angespannten Zeiten strategische Kommunikationsplanung als Kompass durch die raue See zu nutzen.
AG CommTech: Vielen Dank, Richard, für diese tiefen Einblicke und Anregungen. Viel Erfolg weiterhin bei Audi!
Richard Tigges: Danke, Thomas! Es war mir ein Vergnügen.