Zukunft der Kommunikation: Schlüsselerkenntnisse aus dem Communications Trend Radar 2024

Der kürzlich veröffentlichte Communications Trend Radar 2024 spricht eine klare Sprache. Der Veränderungsdruck aus gesellschaftlichen Entwicklungen, veränderten unternehmerischen Rahmenbedingungen und neuen Technologien ist hoch. Auf Kommunikationsverantwortlichen lastet nicht nur ein Handlungs-, sondern auch ein Zeitdruck.

Was sind die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Trend-Radar?

  1. Information Inflation: Der Wert von Informationen nimmt ab. Wegen der enormen Daten- und Inhaltsmenge müssen Kommunikatoren effektiver bei der Sammlung und Nutzung relevanter Informationen sein.
  2. AI Literacy: Kompetenzen im Umgang mit KI sind entscheidend. Kommunikationsprofis müssen KI-basierte Technologien verstehen und effektiv einsetzen.
  3. Workforce Shift: Der Arbeitsmarkt verändert sich. Demografischer Wandel und technologischer Fortschritt erfordern eine Anpassung der Arbeitskultur und Kompetenzen.
  4. Content Integrity: Angesichts zunehmender gefälschter Inhalte müssen Kommunikatoren die Echtheit und Zuverlässigkeit von Informationen sicherstellen.
  5. Decoding Humans: Technologien, die physiologische und verhaltensbezogene Daten erfassen und interpretieren, gewinnen an Bedeutung. Kommunikator*innen müssen diese Entwicklungen beobachten und in ihre Strategien integrieren.

Zugegeben, Decoding Humans als letztgenannter Trend wird nicht morgen, etwa in Form von Cyborgs, Einzug halten, aber wir können sicher erwarten, dass die größten Innovationssprünge nicht in einer Wissenschaft, sondern in der Schnittmenge, in diesem Fall zwischen Informationstechnologie, Biologie und Psychologie entstehen[1].

Worauf es bei diesem Trend, aber auch bei allen anderen ankommt, ist folgendes: Der Aufwand für das Monitoring von technologischen Entwicklungen und ihren Folgen wächst mit der Alltagstauglichkeit von Künstlicher Intelligenz auf Basis von LLMs sprunghaft. Gleichzeitig verlangt die „Information Inflation“ eine flächendeckende Beobachtung einer exponentiell wachsenden Zahl an Inhalten auf immer mehr Kanälen. Die Unternehmensrealität stellt sich aber ausweislich des CommTech Index Reports[2] gegenwärtig so dar, dass nur 60% der Kommunikationsabteilungen die Tonalität der über sie stattfindenden Berichterstattung kennen – geschweige denn, dass diese Informationen in Echtzeit vorliegen oder betriebswirtschaftliche Kennzahlen erfassen.

Die Umfeldbeobachtung insgesamt (jenseits von Medienbeobachtung) wird auch bedeutender, weil die Technologien sich selbst so rasant weiterentwickeln. Waren wir vor einem Jahr verblüfft, wie ChatGPT mit Prompts taugliche Texte erzeugte, blicken wir wenige Monate später heute fasziniert (oder wahlweise verunsichert) auf die Ergebnisse von Multi-Modelling wie SORE, einer OpenAI-Anwendung, die auf Basis von Text-Prompts Videos in (nahezu) Studioqualität erzeugt. GPTs aus dem OpenAI Marketplace bieten spezifische Anwendungen – auch für die Kommunikation – die das Prompten im Hintergrund abbilden. Die Seite www.thereisanIAforthat.com listet fortlaufend neue KI-basierte Anwendungen – u.a. für die Kommunikation, auf der in hoher Frequenz neue Tools gelistet werden. Hier auf Ballhöhe zu bleiben, ist eine der Herausforderungen für Kommunikationsabteilungen.

Zudem hinterlassen die neuen Technologien tiefe Spuren in Lebenslagen, mit denen sich Kommunikationsverantwortliche auseinandersetzen müssen. Wenn sich unsere Zielgruppen – wie im Trend „Information Inflation“ beschrieben – bewusst der Aufnahme von Informationen entziehen, Stichwort „Information Overflow“ bringt dieses Verhalten das Geschäftsmodell traditioneller PR ins Wanken. Neue Dialogplattformen und eine Ansprache, die Kontexte einbezieht und hyperpersonalisiert ist, sind erforderlich, weiterhin erfolgreich zu kommunizieren. Bei Content Integrity geht es darum jederzeit die Echtheit und Zuverlässigkeit von Informationen sicherzustellen und etwaige Missbrauch sofort zu erkennen und darauf zu reagieren. Hier kommt der Zeitdruck nachdrücklich ins Spiel: Szenarien, die das erfordern, sind keine Zukunftsmusik, sondern eine real existierende Bedrohung. Voraussetzung ist zweifelsohne, die AI-Literacy zu entwickeln, wobei es ehrlicherweise nicht nur um Künstliche Intelligenz, sondern um die Digitalisierung und das Technologie-Stack der Unternehmenskommunikation insgesamt geht.

Was müssen Kommunikationsverantwortliche also tun:

  1. Relevante Inhalte priorisieren: Angesichts der Informationsflut ist es wichtig, Inhalte zu liefern, die für das Publikum bedeutungsvoll und relevant sind. Dies erfordert ein tiefgreifendes Verständnis der Einstellungen und Mediennutzungsmuster der Zielgruppen​​.
  2. Strategieorientiertes echtzeitfähiges Corporate Listening und Monitoring etablieren: Eine gezielte Nutzung von Datenquellen ist erforderlich, um relevante Informationen effizient zu filtern und zu nutzen​​ und um als Frühwarnquelle für das Management zu fungieren.
  3. Authentifizierungstechnologien für eigenen Content nutzen: Um die Vertrauenswürdigkeit des Contents zu gewährleisten, sollten Kommunikationsverantwortliche Technologien einsetzen, die die Authentizität des Inhalts bestätigen können, wie z. B. C2PA-Standards​​.
  4. Krisenreaktionspläne für verschiedene Bedrohungsszenarien entwickeln: Dies beinhaltet Strategien zur schnellen Korrektur von Fehlinformationen und präventiven Warnungen vor gefälschtem Content​​.
  5. Neurotechnologie-Debatte verfolgen: Kommunikationsverantwortliche sollten neue Möglichkeiten zur Messung und Bewertung der Effektivität von Kommunikationsaktivitäten erkunden, wie z. B. die Nutzung von biometrischen Wearables und nicht-invasiven Gehirn-Computer-Schnittstellen​​.

Der Communications Trend Radar ist eine wertvolle Quelle für alle Kommunikationsverantwortlichen, die ihre Organisation zukunftsfest aufstellen wollen. Er kann hier kostenlos abgerufen werden: https://www.akademischegesellschaft.com/publikation/communications-trend-radar-2024/


[1] Okamura, K. Interdisciplinarity revisited: evidence for research impact and dynamism. Palgrave Commun 5, 141 (2019). https://doi.org/10.1057/s41599-019-0352-4

[2] CommTech Index Report 2023, AG CommTech und DPRG 2023. www.agcommtech.de



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