Werkstattbericht KI im Otto-Newsroom

Mit Martin Frommhold, Leiter Unternehmenskommunikation & Pressesprecher Otto (GmbH & Co KG) sprechen wir heute über die Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Newsroom. Alle experimentieren mit ChatGPT, aber über das Stadium gehen die wenigsten Unternehmen bislang hinaus. Die Otto Group hat für ihre Gesellschaften früh mit einer eigenen ChatGPT Lösung, eine sichere Nutzungsumgebung bereitstellt. Aber auch bei Otto ist die Nutzung von KI ein dynamischer Prozess.

AG CommTech: Martin, die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt möglicherweise verunsichert sind und sich fragen, mein Gott, jetzt erzählt uns einer von Otto mit einer riesen Kommunikationsabteilung wie die Welt funktioniert. Wir sind aber noch nicht so weit. Sind alle, die KI noch nicht nutzen, abgehängt und was ist Dein Rat?

Martin Frommhold: Angesichts des aktuellen Hypes rund um KI kann sich der Eindruck, gerade den Aufbruch in die Zukunft zu verpassen, schon manchmal aufdrängen. Aber wir stehen noch ganz am Anfang einer Entwicklung, die sicherlich bahnbrechend ausfallen wird, in der aber alle bereits aktiven Unternehmen und Kommunikator*innen Early Adopter sind. Entsprechend lautet meine Empfehlung gelassen zu bleiben, das Thema KI aufmerksam zu beobachten und erste eigene Schritte mit Bedacht zu planen. Denn die Auseinandersetzung mit Innovationen ist immer erstmal arbeitsintensiv, kostet Zeit, Geld und muss zusätzlich zum Tagesgeschäft organisiert werden. Insbesondere für viele Kolleg*innen in kleineren Pressestellen, die oft multifunktional tätig sein müssen, ist das eine enorme Herausforderung.

AG CommTech: Ihr bei Otto hattet früh eine eigene ChatGPT-Lösung, die in einer Microsoft-Azure-Umgebung läuft. Was hat Euch erlaubt, so schnell, nämlich bereits im Oktober 2023 KI in der Kommunikation einsetzen zu können? Wie kam es dazu?

Martin Frommhold: Bei OTTOCOMMS, der Unternehmenskommunikation von OTTO, nutzen wir selbstverständlich ogGPT regelmäßig bei redaktionellen Aufgaben, beispielsweise um erste Textentwürfe oder Präsentationen zu erstellen, auf denen dann aufgebaut wird. Auch in der Textanalyse ist der Einsatz von KI eine große Unterstützung. Zwei meiner Kolleg*innen sind zudem aktuell an einem internen Test von CoPilot beteiligt und nutzen diesen vielfältig über alle bei uns eingesetzten Microsoft Anwendungen für die optimierte Arbeitsorganisation. Darüber hinaus ist KI aus der Foto- und Videobearbeitung nicht mehr wegzudenken. Wir erstellen viele Bilder sowie Reals insbesondere für Social Media und unser OTTOCOMMS Mediendesign spart sich viel Zeit durch die KI-gestützte Bereinigung von Fotos, Untertitelung von Videos und vieles mehr. Auch bei der Generierung von Daten wird uns KI künftig weiterhelfen, da wir unsere Daten-PR Aktivitäten inklusive Storytelling ausbauen wollen. OTTO zählt aktuell über 11 Mio. aktive Kunden, entsprechend sind wir ein glaubwürdiger Seismograf für die allgemeine Konsumstimmung und können beispielsweise auch Geschichten erzählen, welches Bundesland wie einkauft.

AG CommTech: Welche Bedeutung haben für Euch die Weiterbildung und konkrete Trainings im Umgang mit KI? Wie macht die Otto-Kommunikation ihre Mitarbeitenden fit?

Martin Frommhold: Wir haben gerade alle einen erweiterten Grundlagen-Workshop mit konkreten Anwendungsfällen bei den Spezialist*innen von Neongold Innovations absolviert, die sehr aufwändige Prompts, Assistenten und Praxisübungen vorbereitet hatten. Trainiert haben wir beispielsweise die Definition von verschiedenen Schreibstilen für ChatGPT, den Einsatz von Assistenten für die Adaption von Content auf verschiedene Formate sowie die Analyse von internen Dokumenten. Einige Kolleg*innen haben sich zusätzlich mit Midjourney beschäftigt und haben geübt, konsistente Bilderserien, passende Illustrationen und Moodboards für Kommunikationsthemen zu generieren. Wir hätten uns diese Themen nicht selbst erschließen können und es war eine gute Entscheidung, viel Wissen komprimiert und fokussiert an zwei Tagen zu erwerben, um eigene Expertise aufzubauen. 

AG CommTech: Im Webinar der AG CommTech hast Du noch einen weiteren Aspekt angesprochen. Dabei geht es um die Befähigung der ganzen Organisation, die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz voll auszuschöpfen. Kannst Du erläutern, welche Kommunikation dabei spielen sollte?

Martin Frommhold: Ich sehe die Unternehmenskommunikation in einer multifunktionalen sowie führenden Rolle, um die AI Literacy im eigenen Haus auszubauen. Dafür muss aber zunächst Wissen aufgebaut werden, um KI professionell für die Produktion von Content einzusetzen. Das hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. Denn wenn wir über die Nutzung von KI im Arbeitsleben sprechen, sollten wir Kommunikator*innen bestenfalls auch wissen, wie das geht, sich anfühlt und wirkt. Und eben diese Vermittlung ist originäre Kommunikationsarbeit, die ich zudem um die Rolle des Enablings erweitert sehe. KI-Tools wie ChatGPT sind für die Verarbeitung redaktioneller, schriftbasierter Inhalte entwickelt worden, also klassische Kommunikation. Wer sollte diese besser erklären, Hemmungen abbauen und Mehrwerte herausstellen können als wir Kommunikator*innen?



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