Zur Nachahmung empfohlen: Ein Workshop-Beispiel für KI-Einführung

Künstliche Intelligenz (KI) bringt uns Kommunikator*innen beeindruckende technische Möglichkeiten, doch im Zentrum dieses tiefgreifenden Wandels steht der Mensch. Das birgt vor allem organisatorische Fragestellungen: Wer im Team hat welche Einstellung und Vorerfahrung mit KI, welches Bild haben wir von unserer künftigen Zusammenarbeit, und wie wollen wir das Thema angehen? Diese Fragen in einem Workshop zu beleuchten, ist der erste Schritt. In diesem Artikel, entstanden aus einer Initiative im CommTech Cluster Organisation, beschreiben wir ein konkretes Vorgehen anhand eines realen Beispiels aus dem Kommunikationsteam eines Pharmakonzerns.

Im Rahmen eines zweitägigen Strategieworkshops widmete sich das rund 20-köpfige Team einen Nachmittag lang den Möglichkeiten und Grenzen künstlicher Intelligenz und welchen Einfluss diese auf sie als Mitarbeitende haben werden. Da jedes Change-Projekt – und als genau solches ist die Integration von KI in Kommunikationsabteilungen zu verstehen – eine Leadership-Vision als Startpunkt benötigt, begann der Workshop mit einem Impuls der Teamleitung. Wichtig war hier, die strategische Bedeutung und den Zeitanteil mitzugeben, den das Team auf die Umsetzung aufwenden sollte.

Als Warm-Up zeichneten die Teammitglieder ein erstes Stimmungsbild, indem sie sich auf einer imaginären Skala im Seminarraum verteilten: Wie steht ihr KI jeweils gegenüber, eher optimistisch oder eher skeptisch? Wer von euch arbeitet mehr oder weniger intensiv mit KI? Durch die Position der Teilnehmer im Raum erhielten alle einen facettenreichen Eindruck ihres Status Quo als Gruppe, inklusive der einen oder anderen überraschenden Erkenntnis. Wer wollte, durfte seine Position gerne vor der Gruppe begründen und mit Statements anreichern.

Mit einem Impulsvortrag ging es dann in medias res: Zwei Gastredner gaben Einblicke, wie Kommunikation bereits in Kommunikationsabteilungen genutzt werden, und zeigten Prompting-Beispiele auf der Basis von ChatGPT. Übergreifende Idee dabei: KI bietet Kommunikationsabteilungen eine neue Möglichkeit, den digitalen Wandel in ihrer Organisation aktiv umzusetzen. In der Vergangenheit waren Kommunikator*innen zwar gefordert, Digitalisierung als Kommunikationsthema zu besetzen, gehörten aber meist nicht zu den ersten Anwendern. Denn entsprechende Strategien fokussieren sich in der Regel auf Kernprozesse wie Produktion und Vertrieb. Mit dem Aufkommen der neuesten Large-Language-Models (LLMs) hat sich dies geändert: Deren Kern-Features zeigen erstaunliche Parallelen zu dem, was wir Kommunikator*innen täglich tun: kohärente Storylines aus unterschiedlichsten Quellen zusammenfassen, Fragen beantworten und Content erstellen. Erstes Zwischenfazit im Workshop: Kommunikation ist durch KI in einer guten Ausgangsposition, aktiv in den digitalen Wandel von Organisationen einzusteigen und vom Auftragnehmer zum handelnden Akteur zu werden.

Doch wie sich dem nähern? Die Geschichte von AlphaGo diente im Workshop als Beispiel: Darin tritt eine Gruppe KI-Experten an, einen Algorithmus für Go, für das komplexeste Brettspiel der Welt, zu entwerfen und diesen gegen den amtierenden Weltmeister Lee Sedol antreten zu lassen. Um das Ende nicht zu spoilern, sei an dieser Stelle nur die tiefere Botschaft mitgegeben: Clevere Adaption von Vorhandenem, nicht Ablehnung oder „alles neu machen“, ist die beste Antwort auf die technologische Herausforderung von KI.

Mit diesem Input waren die Teilnehmenden bestens gerüstet, um eigene Zukunftsszenarien für ihr Team zu entwerfen – als so genannte Pre-Mortem- und Post-Mortem-Analyse. Ein Teil der Gruppe beschäftigte sich mit Szenarien, in denen KI den Job der Kommunikationsabteilung übernommen und den Mensch verdrängt hat, während ein anderer Teil der Gruppe überlegte, wie KI quasi als fester Mitarbeiter in das Kommunikationsteam integriert sein würde. Mit viel Einfallsreichtum und kritischer Reflexion wurden die Szenarien und der Weg dorthin auf Pinnwänden dargestellt und in der Gruppe diskutiert. Interessanterweise fanden sich in den Positiv- als auch den Negativ-Szenarien viele Parallelen, so dass sich daraus konkrete Handlungsschritte ableiten ließen. Wichtig dabei war, die Liste an Next Steps kurz und realistisch zu halten, um das Momentum mitzunehmen.

Am Ende dieses intensiven Nachmittags stand eine Erkenntnis: KI wird nicht den Job von Kommunikator*innen übernehmen – aber nur dann, wir als Kommunikator*innen die Technologie für uns zu nutzen wissen. Zunächst gilt es, die Grundzüge von KI zu verstehen und entsprechende Muster im eigenen Arbeitsumfeld zu identifizieren. Daraus ergeben sich Anwendungsszenarien fast automatisch, und hier hat das Team nach seinem Workshop nun angesetzt.

Wer Interesse hat an dem Workshop-Format und den Learnings, die sich daraus ergeben haben, kann sich an das Cluster Organisation wenden (christina.rettig@schott.com, f.rettig@radiox-innovation.de).



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