Interview mit Maike Molling: Erfolgsmessung in der IK

Maike Molling ist seit November 2022 Vice President Strategy & Employee Communications bei E.ON Energie Deutschland, der Vertriebs-Tochtergesellschaft der E.ON SE. Die Kommunikationswissenschaftlerin ist seit 2019 im Unternehmen, zuvor war sie auf Agenturseite als Beraterin bei LoeschHundLiepold Kommunikation tätig. Maike Molling baut die Datenkompetenz der IK bei E.ON massiv auf.

AG CommTech: Dass nur ein Viertel der IK-Abteilungen systematisch Daten erheben und auswerten, gehört zu den niederschmetternden Befunden, was die Digitalisierung von Kommunikationsprozessen angeht. Was war bei E.ON Energie Deutschland der Auslöser, dass Ihr Euch des Themas „Daten in der IK“ angenommen habt?

Maike Molling: Auslöser gab es einige, einer davon war ein Klassiker: Kurz nachdem ich bei E.ON in die Interne Kommunikation gewechselt bin, stand mal wieder ein Jahresreporting an. Und während die Externe Kommunikation ihren Wertbeitrag mit Reichweiten und Reputationseffekten belegen konnte, suchten wir in der IK händeringend nach verwertbaren KPIs, die über die wenig aussagekräftige Anzahl der Intranet-News hinausging. Das hat uns als Team geärgert, weil wir fest vom Wert und der Relevanz der Internen Kommunikation überzeugt sind – gerade in der Zeit der Dauerkrisen, hybriden Arbeitswelten und des Fachkräftemangels. Aber diesen Wert müssen wir natürlich auch nachvollziehbar machen – um dem Management unseren Beitrag zum Unternehmenserfolg zu belegen und um selbstbewusst als strategischer Akteur auftreten zu können. Dieses Selbstverständnis war die Basis für viele Veränderungen, von der Entwicklung einer KPI-basierten Strategie über ein entsprechendes Themen-Management bis hin zur datenbasierten und zielgruppenfokussierten Content-Produktion.

AG CommTech: Viele Daten liegen bekanntlich verstreut bei unterschiedlichen Funktionen wie im Marketing oder HR oder anderen. Wie schafft Ihr es, die Interessen zusammenzuführen und einen „Data-Lake“ zu bauen?

Maike Molling: Wir haben ganz pragmatisch angefangen zu sammeln: Welche Daten haben wir bereits, in welcher Form liegen sie vor, wie oft werden sie erhoben, welche Schlüsse für die IK könnten wir daraus ziehen? Dabei lohnt es sich natürlich auch, über die klassischen Kommunikationskanäle hinaus auf die Suche zu gehen. Viele Fachbereiche haben sich gefreut, dass wir aus den Daten, die sie für ihre Zwecke erheben, auch noch einen Mehrwert für die Kommunikation generieren konnten. Die Basis für eine solche Zusammenarbeit ist gegenseitiges Vertrauen. Wir erklären ganz genau, was wir mit den Daten vorhaben, wofür wir sie verwenden und wofür nicht. Und zur Wahrheit gehört auch: Viele Daten, die wir für die Optimierung der Kommunikation gerne nutzen würden, werden aufgrund von Richtlinien der Mitbestimmung oder dem Datenschutz gar nicht erst erhoben oder freigegeben. Hier gilt es, dranzubleiben und mit guten, datengestützten Argumenten im Austausch zu bleiben.  

AG CommTech: Daten werden benötigt, um Einsichten über die Interessen und Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu gewinnen und um zielgenau auf den richtigen Kanälen zu kommunizieren. Welche Erkenntnisse habt Ihr bei E.ON über Eure Mitarbeitenden? Wie seid Ihr vorgegangen?

Maike Molling: Wie in vielen Unternehmen gibt es auch bei uns regelmäßige Umfragen – zum Beispiel zur Mitarbeitendenzufriedenheit. Die Anzahl der Fragen, die wir als IK beisteuern und aus der wir konkrete Rückschlüsse für unsere Arbeit ziehen können, ist allerdings begrenzt. Daher sind wir qualitativ vorgegangen. Wir haben viele Interviews mit Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten Abteilungen und Levels geführt und erst einmal zugehört: Was wünschen sie sich von uns, welche Kanäle nutzen sie, welche Formate sind für sie hilfreich? Die Erkenntnisse aus diesen Umfragen haben wir in ein Persona-Modell überführt und verschiedene Kommunikationstypen identifiziert, die uns gerade bei der Planung größerer Kampagnen oder der Beratung zu kritischeren Kommunikationsanlässen sehr gute Dienste erweisen. Eine quantitative Validierung steht weiterhin auf unserer Wunschliste. Bis es so weit ist, behelfen wir uns mit Fokusgruppen. Dort tauschen wir uns regelmäßig mit Vertreterinnen und Vertretern unserer Personas aus. Das geht vom A-B-Test für die Content-Produktion, über Feedback zu Kampagnen oder Input für die Entwicklung neuer Formate.

AG CommTech: Kommunikatorinnen und Kommunikatoren wünschen sich gerne ein fancy Dashboard, in dem alle Daten zusammenfließen und visualisiert werden? Gibt es das bei E.ON bzw. wie geht Ihr vor?

Maike Molling: Ja, wir arbeiten inzwischen mit einem PowerBI Dashboard. Angefangen haben wir mit einer Darstellung in Excel und PowerPoint, haben aber recht schnell verstanden: Die verständliche Visualisierung der Daten ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Zum einen, weil die Daten so auch für Menschen ohne Data-Hintergrund interpretierbar werden, was aktuell ja auch noch auf viele Comms-Teams zutrifft. Zum anderen, weil gerade die Verlaufs- und Trendanalysen, die im Dashboard automatisiert erstellt werden, wertvolle, zusätzliche Erkenntnisse liefern. Vor Herausforderungen stellt uns dabei, dass viele IK-Anwendungen noch keine Schnittstellen bereitstellen. Insgesamt gibt es noch viel Entwicklungspotenzial – sowohl auf Tool-Ebene als auch bei der Anwendung von CommTech in der IK. Es gibt noch viele Datenschätze zu heben und die zunehmende Nutzung von KI bringt uns auch in diesem Bereich sicher noch einmal auf ein ganz neues Level.  

AG CommTech: Die Nutzung von LLMs (Large Language Models) wie ChatGPT erlebt gerade einen steilen Aufschwung, gerade auch in der IK. Welche Chancen siehst Du für Eure Kommunikation?

Maike Molling: Wir nutzen die neuen Möglichkeiten aktuell vor allem in zwei Bereichen: Bei Routineaufgaben, die sich dank KI deutlich effizienter erledigen lassen und als Mittel gegen die Angst vor dem weißen Blatt. Tools wie ChatGPT können hier Inspirationsquelle und Sparringpartner sein. Die Voraussetzung, dass KI in der IK zum Erfolgsfaktor wird, ist aus meiner Sicht, dass wir diese Tools in unser Standard-Handwerkszeug integrieren und als Expertinnen und Experten agieren. Erst wenn wir sie routiniert nutzen, können wir die Potenziale voll ausschöpfen, erkennen, wo die Grenzen liegen und nicht zuletzt auch andere bei der Nutzung beraten.



Schreibe einen Kommentar