Global CommTech Report 2023: Die Hybris der Kommunikation

Autor: Thomas Mickeleit

Es folgt jetzt keine Nestbeschmutzung, obwohl die Ergebnisse des kürzlich erschienenen Global CommTech Reports 2023 Anlass dazu böten.

Man muss vor die Klammer ein Fragezeichen setzen, ob ein Sample von 329 Teilnehmenden weltweit repräsentativ für den Status von CommTech in Unternehmen und Agenturen ist. Sowohl die Anzahl als auch die Mischung der Befragten lassen daran Zweifel. Insofern bleibt eine Lücke zu füllen, die eine Einschätzung auf belastbaren Daten erlaubt. Direktional hilft der Report aber bei der Verortung.

Nun kommts: 67% der Befragten aus Agenturen und 52% der Befragten aus Unternehmen halten sich für extrem oder sehr kompetent, wenn es darum geht neue Technologien für die Kommunikation zu identifizieren und anzuwenden. Diese optimistischen Selbsteinschätzungen stehen in krassem Gegensatz zu den Erkenntnissen, welche Technologien im Einsatz sind – und für welchen Zweck.
2023 nutzen immer noch 41% der Befragten Excel-Tabellen für das Projektmanagement. 10% nutzen gar nichts. 39% nutzen Excel-Tabellen für ihr Kontaktmanagement. 25% nutzen Datenbanken und nur 21% verwenden ein generelles bzw. PR-spezifisches Customer Relationship Management System (CRM). Der Report merkt dazu treffend an, es sei alarmierend, wenn Personen, die ein „Relationship-Business“ betreiben, in dem geringen Maß Technologie einsetzen, die dazu gedacht ist, Relationships zu managen. Eine beachtliche Selbstüberschätzung muss hier schon konstatiert werden.

Das öffnet die nächste Baustelle. Auf die Frage, warum wird Technologie eingesetzt, antworten 88%, sie strebten damit eine höhere Zeiteffizienz an, 66% versprechen sich eine höhere Kosteneffizienz. Die Ergebnisse des Reports decken sich insoweit mit den Erkenntnissen aus dem gemeinsam von der AG CommTech und der Uni Leipzig durchgeführten Forschungs- und Transferprojekt. Kommunikationsverantwortliche nutzen Technologie um gleiche Aufgaben schneller und mehr davon abzuarbeiten. Natürlich ist es ein guter Startpunkt, Prozesse schneller und kostengünstiger zu gestalten. Das offenbart zugleich ein tiefes Missverständnis über den Nutzen eines Technologie-Stacks in der Kommunikation.  Es verkürzt das Potenzial, das Technologien als Innovationstreiber hin zu einer umfassenden digitalen Transformation leisten können. Es geht darum neue Aufgaben zu erfüllen, die bislang überhaupt nicht im Scope der Kommunikation waren.

87% der Befragten antworten, sie sehen den größten Einfluss von CommTech im Monitoring, Wirkungsmessung und Analyse. Ja, das ist eine offenkundige Schwäche in den meisten Kommunikationsabteilungen, die oft noch mit quartalsweisen Clipping-Reports arbeiten. Nur 15% sehen aber einen Impact auf Media Relations. Das ist kurzsichtig, denn wir müssen uns davon verabschieden, nach dem Motto „viel hilft viel“, Massenaussendungen an Journalisten rauszuballern. Stattdessen können „Relations“ entstehen, wenn wir auf Basis von Daten aus sozialen Netzwerken und am Ende aus persönlichen Interaktionen relevante Inhalte ausspielen, die entlang einer Stakeholder Journey Aufmerksamkeit erzeugen, Interesse wecken, Wirkung entfalten und Verbundenheit erzeugen. Ein Hoffnungsschimmer zeigt sich. Wenn man auf die Investitionsvorhaben der Kommunikationsverantwortlichen schaut, sagen 34% der Agenturen und 28% der Unternehmen sie wollten in den nächsten 12 Monaten in Kommunikationstechnologien investieren. Das ist der höchste Wert in dem Ranking. Der Rat an die Investitionsentscheider lautet: bevor investiert wird, besser zu schauen, welche Technologien schon im Haus sind und diese für die Kommunikation nutzbar zu machen. Das gilt insbesondere für Customer Relationship Tools, die Marketing bereits im Maschinenraum hat.



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