Interview mit Benjamin Lampe: Objektives and Key Results (OKR) – Kommunikation mit OKRs strategischer machen

OKRs – Objectives and Key Results – erfunden bereits Ende der siebziger Jahre von Andy Grove bei Intel, formalisiert von John Doerr und bei Google vorgestellt und zum Erfolg geführt, gelten seitdem und zunehmend als erste Wahl, wenn es darum geht, der Organisation und allen Akteuren Ziele zu setzen. Auch in der Microsoft Kommunikation wurden 2022/23 OKRs eingeführt. Verantwortlich dafür: Microsoft EMEA Kommunikations-Chef, Benjamin Lampe.

Thomas Mickeleit: Ohne Ziele und ohne Messung der Zielerreichung kann es keine strategische Kommunikation geben. Wie können OKRs helfen, Kommunikation strategischer zu machen?

Benjamin Lampe: Die Grundidee von OKRs – Objectives and Key Results – ist schnell erklärt. Worauf wollen wir in der Kommunikation fokussieren und die meiste Zeit und Energie werden? Das ist eine wichtige Frage, die oft gestellt, aber selten gut beantwortet wird. Viele Kommunikatoren sind mit den Anforderungen zur digitalen Transformation, zur Mitarbeiterbindung in hybriden Arbeitsformen und mit dem Tagesgeschäft nicht nur komplett aus-, sondern oft auch dauerhaft überbelastet. Da helfen OKRs als wichtiges Framework. Zum einen, um sich mit Stakeholdern außerhalb der Kommunikation abzustimmen. Wie zahlen wir auf die Unternehmensziele ein? Zum anderen auch, um die begrenzten Budgets an Zeit und Energie darzustellen. Mit OKRs stellt man sich die Frage: Was wollen wir tun, um auf die Unternehmensziele einzuzahlen und wie wollen wir es umsetzen. Das WAS ist das Objective, bei dem es sich um das langfristige Ziel handelt. Das WIE wird durch die verschiedenen, messbaren Key Results definiert. Bei uns gilt: Jedes Key Result sollte eine Zahl beinhalten, die objektiv messbar, realistisch, aber auch herausfordernd ist.

Thomas Mickeleit: In der Microsoft Kommunikation sind OKRs in den letzten Monaten eingeführt worden. Was sind die größten Hürden in einem solchen Projekt?

Benjamin Lampe: Wir haben OKRs im letzten Fiskaljahr für unsere globale Kommunikation eingeführt. Dazu haben wir ein virtuelles Team aufgestellt, das das Framework für die Kommunikation bei Microsoft erarbeitet hat und dann auch in die einzelnen Teams gegangen ist, um das Projekt vorzustellen und auch Hands on Workshops zu geben.

Ein wichtiges Merkmal von OKRs ist, dass sie transparent sind. Jeder in der Organisation kann sie sehen. Wir trinken hier unseren eigenen Champagner, wie man auf Englisch sagt und nutzen Viva Goals, das Teil unserer Modern Work Lösungen ist.

Das zeigt auch, wo die meisten Herausforderungen liegen. Es geht darum, neue Gewohnheiten zu erlernen als Organisation und das geht mit Kulturwandel einher. Mein Team sieht meine OKRs und ich teile sie auch ganz offen. Am Ende des Quartals gibt es einen Review, in dem wir unaufgeregt schauen was geklappt hat, was nicht und was wir da an Learnings herausziehen möchten. Das Ganze ist übrigens nicht an Boni geknüpft, denn wir möchten, dass unsere Teams sich tollen Herausforderungen stellen, Neues probieren und ihre Learnings offen teilen. Wenn man das direkt an Boni knüpft, dann funktioniert es nicht.  

Thomas Mickeleit: Welche Rolle spielt Technologie #CommTech bei der Einführung von OKRs. Mit Viva Goals hat Microsoft eine in Microsoft Teams integrierte Anwendung. Was ist der konkrete Nutzen, OKRs mit Viva Goals zu managen?

Benjamin Lampe: Die richtigen Tools sind sehr wichtig. OKRs sind transparent und wir machen das mit Viva Goals, denn jeder sollte in der Lage sein, die OKRs der Kollegen einzusehen und sich so auch inspirieren zu lassen. Bei uns ist das Teil der Viva Suite und man benötigt keinen separaten Log-in oder IT-Support und in Zukunft kommt auch ein Copilot mit künstlicher Intelligenz dazu.

Dann schaut man sich OKRs regelmäßig an und macht einen „Check in“ um den Fortschritt festzuhalten und gegebenenfalls gegenzusteuern, wenn ein Projekt ins Hintertreffen geraten ist.
Am Ende des Quartals machen wir einen Review als Team und das geht auch zentral über Viva Goals. Der Teamlead hat jeweils den Überblick, wie die OKRs in der Organisation vorangehen. Einige Kollegen habe bereits begonnen ihre Coverage Reports und Analysen anhand ihrer OKRs zu strukturieren.

Thomas Mickeleit: Was sind die Learnings aus der Einführung bei Microsoft? Woran messen sich Erfolge?

Benjamin Lampe: OKRs helfen in der Abstimmung mit Stakeholdern. Mir sagte mal ein Kollege, den ich sehr schätze: „Ben, ich verstehe, dass erfolgreiche Kommunikation Kunst und Wissenschaft ist. Wir sprechen aber kaum über den wissenschaftlichen Teil“. Das war sehr fair und OKRs greifen das auf. Gleichzeitig helfen sie auch jedem Mitarbeitenden in der Kommunikation zu sehen, wie ihre tägliche Arbeit zu Mission und „Purpose“ des Unternehmens beiträgt und sich nicht von anderen Themen ablenken zu lassen.

Überrascht hat mich persönlich der große Einfluss den OKRs auf Transparenz und Kollaboration haben. Ich habe einen Workshop gegeben und etwas mit mir gehadert, ob ich meine OKRs teilen soll, obwohl sie noch nicht fertig waren. Auf einmal haben fast alle Teilnehmer ihre eigenen Drafts in der Gruppe geteilt und sich für Feedback und Inspiration bedankt. Das Teilen mit anderen Regionen hat stark zugenommen und das ist natürlich toll.

Wie so oft im Transformationsprozess, geht die Führungskraft geht mit gutem Beispiel voran. Leader sollten ihre eigenen OKRs erarbeiten und teilen. Es anderen zu verordnen, es selbst nicht zu tun, kann nicht von Erfolg gekrönt sein.

Das Konzept von OKRs zu verstehen, geht schnell. Es umzusetzen braucht ein bisschen Übung. Vor einiger Zeit habe ich einen Pizzastein bestellt, um mit meiner Tochter Pizza selbst zu backen. Theorie war schnell verstanden, aber dann die belegte Pizza schnell und richtig auf den heißen Stein zu bekommen, brauchte etwas Übung. V1 war schwierig. V4 sah schon richtig gut aus. So ist es auch mit OKRs. Man startet einen tollen Lernprozess im Unternehmen und man lernt von und miteinander.

Thomas Mickeleit: Welche Ratschläge kann man Kommunikationsverantwortlichen geben, die sich mit dem Gedanken tragen, mit OKRs zu arbeiten. Wie sollte ein solches Projekt aufgesetzt werden?

Benjamin Lampe: Mir hat sehr geholfen, dass Kollegen aus anderen Unternehmen sehr bereitwillig ihre Learnings geteilt haben. Das war prima und hat mir sehr geholfen. Das gebe ich gerne weiter und spreche mit anderen darüber.

Dann war es wichtig, ein globales virtuelles Team aufzustellen, dass verschiedene Bereiche der Kommunikation und auch verschiedene Kulturen früh berücksichtigt. Unser Framework hat einige globale Vorgaben und viel kann auch lokal entschieden werden. Das muss man definieren und gut durchdenken.

Progress over Perfection. Unsere Disziplin ist ja oft etwas davon geprägt, dass wir das Thema Erfolgsmessung noch nicht so richtig nachhaltig gelöst haben. Davon nicht beirren lassen. Es geht gar nicht darum, das perfekte Modell auf Anhieb zu entwickeln, sondern darum ein flexibles Framework gemeinsam weiterzuentwickeln, dass durch Transparenz, Klarheit und herausfordernde Ziele eine Arbeitsumgebung schafft, in der Kommunikatoren ihre beste Arbeit machen können.



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