Predictive Communications Intelligence – Kommunikation mit Blick nach vorn

Britta Pesch,Teamleiterin Kommunikation bei BG prevent

Wer in der Kommunikation arbeitet, blickt meist zurück: Welche Maßnahmen liefen gut, welche Themen haben gezündet, welche Botschaften wurden wahrgenommen? Predictive Communications Intelligence dreht diese Perspektive um. Sie nutzt Daten und KI-Modelle, um Trends, Themen und Resonanzmuster frühzeitig zu erkennen – also Kommunikation vorausschauend zu planen. Ziel ist es, Themen, Zielgruppen und Zeitpunkte optimal zu verbinden.

Wie sich das in der Praxis anfühlt, erzählt Britta Pesch, Teamleiterin Kommunikation bei BG prevent, die mit ihrem Team und mit Unterstützung des IMWF und Predictores.AI ein solches System aufbaut. BG prevent ist Deutschlands größter überbetrieblicher Dienstleister für Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheit und betriebliche Gesundheitsvorsorge. Das Unternehmen unterstützt über 210.000 Betriebe mit Präventionsmaßnahmen, um Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu fördern.


AG CommTech: Britta, ihr habt bei BG prevent gerade einen kompletten Marken- und Strategieprozess hinter euch. Wie kam es dazu, jetzt auch in Predictive Communications Intelligence einzusteigen?

Britta Pesch: Der Markenrelaunch war der Startpunkt, weil wir uns erst klar werden mussten, wer wir eigentlich sind und wofür wir stehen. Aus dem früheren „BAD“ wurde „BG prevent“ – und damit auch eine Identität, die klar sagt, was wir tun: Prävention gestalten. Wenn man das weiß, kann man auch gezielt messen und optimieren, wie Kommunikation wirkt.
Da war der Schritt zu Predictive Intelligence logisch: Wir wollen nicht nur rückblickend verstehen, was funktioniert hat, sondern vorausschauen, welche Themen, Emotionen und Formate künftig relevant werden.

AG CommTech: Wie seid ihr in das Thema eingestiegen – mit welcher Fragestellung?

Britta Pesch: Wir haben uns gefragt: Wie können wir Themen, Zielgruppen und Zeitpunkte optimal zusammenbringen?
Konkret wollten wir wissen, welche Themen in unserer Branche Fahrt aufnehmen, wie sich unsere Wettbewerber positionieren und ob unsere Tonalität wirklich zu unserer Marke passt.
Das Projekt läuft in Kooperation mit dem IMWF und Predictores. AI – wir arbeiten in Sprints, testen Hypothesen, justieren, lernen. Es ist ein iterativer Prozess, kein einmaliges Tool-Projekt.

AG CommTech: Du sprichst von drei Modulen – was steckt dahinter?

Britta Pesch: Genau, wir nutzen drei Kernmodule:

  1. Competitor Intelligence – sie zeigt uns, wo wir im Vergleich stehen, wer neu in unserem Markt auftaucht und wie wir uns differenzieren können.
  2. External Factor Analyser – das ist das Herzstück: Wir beziehen externe Datenquellen ein, um zu erkennen, welche Themen wann relevant werden. So entstehen Hypothesen, auf deren Basis wir Strategien ableiten.
  3. Emotional Intelligence – sie hilft uns, die richtige Tonalität zu treffen und unsere Markenwerte sprachlich umzusetzen.

Diese Module greifen ineinander. Im Hintergrund werden Daten, Quellen und Modelle miteinander vernetzt – eine Art „Magic“, die wir nicht im Detail verstehen müssen, die aber funktioniert.

AG CommTech: Welche Rolle spielt dabei eure Erfahrung und euer Bauchgefühl?

Britta Pesch: Eine große! Wir dürfen Intuition nicht abwerten – der deutsche Psychologe Gerd Gigerenzer beschreibt sie als „verdichtete Rationalität“. Unsere Erfahrung bleibt wertvoll, aber Predictive Intelligence hilft uns, sie zu überprüfen. Wir werden schneller sehen, ob unsere Annahmen noch gültig sind, ob Zielgruppen heute anders ticken als früher. So kombinieren wir datenbasierte Evidenz mit professioneller Intuition.

AG CommTech: Gab es Aha-Momente oder Überraschungen auf dem Weg?

Britta Pesch: Ja – zum Beispiel die Erkenntnis, dass Masse nicht gleich Klasse ist.
Anfangs dachten wir: „Je mehr Daten, desto besser.“ Aber das System braucht die richtigen Daten, nicht einfach viele. Qualität vor Quantität.
Und: Fokus schlägt Breite. Wir haben uns auf ausgewählte Produkte und Themen konzentriert, statt alles gleichzeitig anzugehen. 

AG CommTech: Welche Learnings würdest Du anderen Kommunikationsabteilungen mitgeben, die starten wollen?

Britta Pesch: Drei Dinge:

  1. Systematik schlägt Spontanität.
    Wer Predictive nutzen will, braucht eine klare Datenbasis und saubere Dokumentation. Nur was wiederholbar ist, kann das System lernen.
  2. Redet über Hypothesen.
    Nicht „Ich glaube, das hat funktioniert“, sondern „Ich vermute, dass…, weil …“. Diese Haltung verändert Diskussionen und fördert datenorientiertes Denken.
  3. Bleibt im Austausch mit euren Tech-Partnern.
    Die Modelle entwickeln sich ständig weiter. Fragt nach, testet, gebt Feedback. Predictive Intelligence ist kein Selbstläufer – sie lebt vom Dialog.

AG CommTech: Wann weißt Du, dass ein Ergebnis „gut genug“ ist, um danach zu handeln?

Britta Pesch: Predictive Intelligence arbeitet mit einem Trust-Score – also einer Art Zuverlässigkeitsbewertung. Aber letztlich muss ich bewerten, ab wann man einem Ergebnis vertraut. Ohne Kriterien gibt es keine Optimierung. Wir lernen gerade, wo unsere Schwellen liegen – und wann wir lieber noch einmal nachjustieren.

AG CommTech: Und wann sollte man aus deiner Sicht loslegen?

Britta Pesch: Jetzt. Du brauchst keine perfekte Infrastruktur. Fang klein an, teste, lerne.
Wir hatten parallel noch unseren Markenrelaunch – das war nicht ideal, aber machbar. Es wird nie der perfekte Moment kommen. Wichtig ist, anzufangen und Kommunikation als lernendes System zu begreifen. Der Rest kommt – mit etwas Geduld und ein bisschen „Predictive Magic“.

AG CommTech: Danke, Britta – für den Einblick und die Ermutigung, einfach zu starten.



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